Buchveröffentlichung: Wie man Imperium buchstabiert. Das ‚Tatarenlager‘ Weinberge 1914-1918

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© Wallstein Verlag

In dem nun beim Wallstein Verlag erschienenen Buch Wie man Imperium schreibt erzählt die mit dem FAU EZIRE verbundene Religionswissenschaftlerin Gerdien Jonker gemeinsam mit dem Dokumentarfilmer und Wissenschaftler Markus Schlaffke die Geschichte vom Kriegsgefangenenlager Weinberg bei Zossen im Süden von Berlin. Außerdem widmen sich die beiden AutorInnen dem Ehrenfriedhof Zehrensdorf, einem der ersten Friedhöfe auf deutschem Boden, auf dem die Toten nach muslimischer Vorschrift begraben wurden.

Vor dem Hintergrund der im Ersten Weltkrieg zwischen dem Deutschen und Osmanischen Reich eingegangen „Waffenbrüderschaft“ forderte Berlin Istanbul dazu auf, den Jihad gegen Russen, Briten und Franzosen auszurufen. Gleichzeitig entstanden in Deutschland islamische Propagandalager, in denen muslimische Kriegsgefangene für die deutsch-türkische Allianz gewonnen werden sollten. Die rund 18.000 tatarischen Kriegsgefangenen im Weinberglager bekamen diese Politik am eigenen Leib zu spüren. Deutsche Offiziere versuchten sie mit einer ideologisch aufgeladenen islamischen Propaganda zu ködern. Die Gefangenen verfolgten jedoch andere Ziele und entwickelten Strukturen, um unter dem Radar der offiziellen Einflussnahme westliche Bildung zu erwerben. So buchstabierten sie ihre Rolle in der imperialen Ordnung und bereiteten sich auf ihren Kampf um Unabhängigkeit vor.

Über drei Jahre sind Gerdien Jonker und Markus Schlaffke in enger Zusammenarbeit mit dem Historiker Marat Gibatdinov (Marjani Institute of History of Tatarstan Academy of Sciences, Kasan) den Spuren der russisch-muslimischen Geschichte in Deutschland nachgegangen: In den Archiven, aber auch vor Ort, wo jahrzehntelang nichts mehr an das Lager erinnerte und heute allein ein Gräberfeld dessen Existenz dokumentiert. Die Grundspannung dieser besonderen Geschichte wird im Buch eingehend ausgeleuchtet. Jonker und Schlaffke zeigen wie rassenhygienische Auslese, antikolonialer Befreiungskampf und die Krisenerfahrungen der Moderne im Lager aufeinanderprallten und wie die Kategorien der Identifikation sich verhedderten.

Weitere Informationen zum Buch finden Sie auf der Verlagswebsite.


Wie man Imperium buchstabiert. Das ‚Tartaren-Lager‚ Weinberge 1914-1918

Gerdien Jonker, Markus Schlaffke (2025)

ISBN 978-3-8353-5820-1