Gerdien Jonker auf der Münchner Tagung „Juden und Muslime in Deutschland“
In einem Artikel vom 20. Januar 2020 berichtet der Tagespiegel über den Vortrag am 16. Januar der Erlangener Religionshistorikerin Gerdien Jonker im Rahmen einer Tagung der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Im Zentrum des Vortrags stand die älteste deutsche Moschee-Gemeinde in Berlin-Wilmersdorf, in der sich unter dem Dach des islamischen Modernismus Lebensreformer, Revolutionäre, Künstler, Theosophen und Homosexuelle getroffen hätten, darunter Muslime aus Ägypten, Persien, Indien und dem Kaukasus, aber auch reformorientierte russische und deutsche Juden. Diese Minderheiten der Weimarer Gesellschaft seien in ein dichtes Netz aus jüdischen und „orientalischen“ Institutionen, Restaurants, Kinos, Musikclubs und anderen Treffpunkten in der direkten Umgebung eingebettet gewesen. In diesen Kreisen habe man sich gemeinsam gegen den Kolonialismus engagiert und im „Roten Club“ hätten sich muslimische und jüdische Frauen getroffen, die die Beziehungen der Geschlechter ganz neu regeln wollten. Nach 1933 sei die Moschee-Gemeinde jedoch von den Nationalsozialisten vereinnahmt worden, die dort Auftritte mit dem antisemitischen Jerusalemer Großmufti Mohammed Amin al-Husseini inszeniert hätten. Trotzdem sei es unter der Hand gelungen, Gemeindemitgliedern wie Hugo Marcus und anderen Juden bei der Flucht ins Ausland zu helfen, wie Gerdien Jonker berichtete.
Der Tagungsbeitrag von Gerdien Jonker stellt lediglich einen kleinen Ausschnitt der Forschungsarbeit dar, die Jonker in den letzten Monaten und Jahren geleistet hat. Mit den Quellen aus Privatarchiven und Fotosammlungen zeige sie einen „tieferen Blick in die Geschichte der Wilmersdorfer Moscheen-Gemeinde“, in aller Länge nachzulesen in ihrem neuen Buch „On the Margins – Jews and Muslims in Interwar Berlin“.