Gescheiterter Putschversuch in der Türkei jährt sich zum dritten Mal – Hüseyin Çiçek in den VN
Politologe und assoziiertes EZIRE-Mitglied Hüseyin Çiçek befasst sich in einem Artikel der Vorarlberger Nachrichten mit dem gescheiterten Umsturzversuch in der Türkei durch Teile des Militärs, bei dem mehr als 200 Menschen starben. Der Putschversuch, der in der Nacht vom 15. auf den 16. Juli 2016 stattfand, jährt sich dieses Jahr zum dritten Mal – noch immer kommt es zu Razzien gegen mutmaßliche Gülen-Anhänger.
Der in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen wurde von Präsident Erdogan als Drahtzieher bezeichnet. Die türkische Regierung ging mit Entlassungen und Verhaftungen gegen angebliche Putschisten, aber auch Journalisten, Oppositionspolitiker und Menschenrechtler vor. Der kurz nach dem Umsturzversuch verhängte, sieben Mal verlängerte Ausnahmezustand endete erst im Juli 2018.
Noch immer komme es zu Razzien gegen mutmaßliche Gülen-Anhänger, zahlreiche Prozesse laufen. „Was wir immer noch vermissen, sind klare Belege, wer hinter dem Putsch stand“, sagt der Vorarlberger Politikwissenschaftler Hüseyin Çiçek. Er wolle zwar nicht infrage stellen, dass Gülen-Anhänger daran beteiligt waren. Doch bis heute wisse man nicht genau, was in dieser Nacht passiert sei, wer wie und was im Vorfeld geplant habe. Ob sich die Türkei durch den Putschversuch grundlegend gewandelt habe, sei schwierig zu beantworten, so Çiçek. „Die autoritäre Wende von Erdogan und der AKP war schon davor sichtbar.“ Mit der Festnahme von Intellektuellen und Oppositionellen habe sich diese Entwicklung aber noch weiter verstärkt.
Çiçek schildert, dass es Erdogan eine Zeit lang gelungen sei, die Ereignisse der Putschnacht mit neo-osmanischen Anklängen und anti-imperialistischen Slogans, auch im Kontext von Islamophobie, als einschneidendes Ereignis der jüngeren türkischen Geschichte zu verorten. „Mittlerweile sind aber auch die eigenen Wähler nicht mehr unbedingt überzeugt davon. Am deutlichsten hat man das bei der Istanbul-Wahl gesehen.“ Bei der Wiederholung der Bürgermeisterwahl im Juni habe Ekrem Imamoglu, Kandidat der größten Oppositionspartei CHP, klar gegen den AKP-Kandidaten Binali Yildirim gewonnen. Bereits beim regulären Wahltermin im März habe sich Imamoglu durchgesetzt, die Hohe Wahlkommission annullierte die Abstimmung jedoch wegen angeblicher Regelwidrigkeiten und ließ die Wahl wiederholen. Sie gab damit einem Antrag von Erdogans AKP statt.